Gedan­ke 4: Man­ner mag man eben?

So, nach einer kur­zen Som­mer­pau­se von sie­ben Mona­ten weiß ich, dass vie­le mei­ner „Fol­lower“ schon sehn­süch­tig auf die Fort­set­zung mei­ner tief phi­lo­so­phi­schen Gedan­ken zum Export war­ten, ja gera­de­zu die Stun­den zäh­len. Das zeigt mir vor Allem der Zuspruch aus dem Netz: Wer darf sich schon über mehr als die zwei Emails freu­en, die ich bis­her zu mei­nen Aus­füh­run­gen erhielt? Der wer­fe den ers­ten Stein, oder so ähn­lich jedenfalls …

Und damit sind wir schon in medi­as res, wie die alten Grie­chen so zu sagen pflegten.

Mag man Man­ner wirklich?

Wir Öster­rei­cher wür­den die­se Fra­ge der „No Na“ Kate­go­rie zuwei­sen. Aber schon ober­halb des Weiß­wur­st­äqua­tors sieht die süße Snack­welt schon anders aus, geschwei­ge denn in den nicht-ger­ma­ni­schen Län­dern. Dort wer­den Waf­feln maxi­mal zum Eis geges­sen, und Eis­waf­feln sind bekannt­lich kei­ne Nea­po­li­ta­ner, also Süd­ita­lie­ner … Ja, es ist alles sehr kom­pli­ziert, sag­te schon einer unse­rer schwers­ten poli­ti­schen Kali­ber. Man könn­te auch sagen: das Essen und Trin­ken ist wohl der „größ­te augen­fäl­li­ge Unter­schied“, also der GAU im inter­na­tio­na­len Geschäft.

Hier tür­men sich gera­de­zu die Stol­per­stei­ne im Zwi­schen­mensch­li­chen. Dass man einem gläu­bi­gen Mos­lem nicht unbe­dingt einen süd­stei­ri­schen Mus­ka­tel­ler zum Ape­ri­tif rei­chen soll­te, ist ja all­ge­mein bekannt. Dass das Ver­schmä­hen dar­ge­bo­te­ner Genüs­se den aus­län­di­schen Gast­ge­ber betrü­ben wird, auch. Dass aber dem ver­meint­lich wein­af­fi­nen Ita­lie­ner der Besuch eines Heu­ri­gen nicht unbe­dingt Freu­de berei­ten wird, und dass die Berg­stei­ger-Wurst als Gast­ge­schenk die US-Ein­rei­se­be­hör­den in hel­le Auf­re­gung ver­setzt, weni­ger. Unzäh­li­ge Geschich­ten, gan­ze Aben­de voll, betref­fen die Fal­len im wei­ten Land der inter­na­tio­na­len Kulinarik.

7 Liter Mine­ral­was­ser. In einer Flasche?

Noch schwie­ri­ger wird es für den­je­ni­gen, der sei­ne ver­meint­lich her­aus­ra­gen­den Lebens­mit­tel inter­na­tio­nal ver­mark­ten möch­te. Es gilt hier noch mehr als bei ande­ren Pro­dukt­seg­men­ten — think glo­bal, act local.

Und zwar wirk­lich lokal. Die Schweiz ist klei­ner als Öster­reich und leis­tet sich vier aner­kann­te Spra­chen. Die sind auch auf der Ver­pa­ckung zu ver­wen­den. Aber wer ist sich des­sen bewusst, dass das Fran­zö­sisch des Waadt­lan­des von jenem der Aca­dé­mie fran­çai­se abweicht, und dass die stol­zen wel­schen Eid­ge­nos­sen genau ihre Ver­si­on auf der Packung sehen wol­len? Falle!

Blei­ben wir bei der Ver­pa­ckung. Die Schwe­den sind groß, die Por­tu­gie­sen klein. So sol­len auch die Packun­gen sein, und nicht umge­kehrt. Meis­tens. Aber auch hier steckt der Teu­fel im Detail. Agua de Luso, der Markt­füh­rer bei Mine­ral­was­ser in Por­tu­gal, ver­zeich­net die höchs­ten Zuwäch­se bei Pet-Fla­schen mit 7 Liter (in Wor­ten „sie­ben“) Inhalt.

Tchi­bo: Kaf­fee oder Tod – ein klei­ner Unterschied.

Dass der Name des Pro­dukts oder der Fir­ma bei der Ein­füh­rung in ein neu­es Land nicht uner­heb­lich ist, gilt bei Essensthe­men ganz beson­ders. Ein schö­nes Bei­spiel ist „Tchi­bo“, das auf Japa­nisch wie „Tod“ oder „Blut“ aus­ge­spro­chen wer­den kann. Eher kei­ne gute Asso­zia­ti­on bei einer Tas­se Kaffee.

Genug der Bei­spie­le, was heißt das für uns Inter­na­tio­na­li­sie­rer? Es geht nichts über eine pro­fun­de Markt­er­he­bung und ‑ana­ly­se. Und zwar für jeden, der im Aus­land Geschäf­te täti­gen will.

Denn es gibt so viel zu beach­ten, viel mehr als nur das The­ma Essen und Trin­ken. Es gilt zu wis­sen, wie der Schafrhyth­mus  im Lan­de ist. Japa­ner schla­fen zu ganz ande­ren Zei­ten als Spa­ni­er. Sei­en Sie nicht belei­digt, wenn Ihr Kol­le­ge aus Nip­pon wäh­rend Ihrer zwei­fel­los hoch­in­ter­es­san­ten Aus­füh­run­gen zu schnar­chen beginnt. Er wird in ca. 10 min. wie­der auf­wa­chen und dann voll­kon­zen­triert zuhören.

Was ist die kor­rekt räum­li­che Distanz zum Gegen­über? Ein Nor­we­ger sieht das etwas anders als der Argen­ti­ni­er oder Inder. Beson­ders gilt dies für nor­di­sche Damen.

Falls ich 30 Minu­ten zu spät kom­me, wird mein Bra­si­lia­ner über­rascht sein, dass ich schon da bin. In New York wer­de ich sofort wie­der zum Aus­gang gewie­sen, mit dem Gruß „Auf Nimmerwiedersehen“.

Eine Fla­sche Sekt – ja ger­ne! Aber nicht einem Franzosen.

Dem Fran­zo­sen soll­ten Sie mög­lichst kei­nen öster­rei­chi­schen Sekt als klei­ne Auf­merk­sam­keit mit­brin­gen, da wäre das Gesprächs­kli­ma gleich zu Beginn etwas gespannt.

Wenn Sie Ihren deut­schen Kun­den mit Herr Diplom Volks­wirt anspre­chen, wird er davon aus­ge­hen, dass Sie ihn ver­äp­peln wol­len. Auch nicht gut.

Ja, die Kul­tur ist ein Hund. Einer der bei­ßen kann. Aber Exper­ten kön­nen hel­fen, dass er ledig­lich bellt, und manch­mal sogar mit dem Schwan­ze wedelt.

Mehr dazu nächs­tes Mal, nach dem Mot­to: ohne Geld ka Musi.