Jeremie – wozu brauch ma des?
Dass die österreichische Bundesregierung zu strukturellen Reformen unfähig ist, hat sie nach Schüssel I hinlänglich bewiesen. Dass sie bei jenen Themen, die sie „anpackt“, ebenfalls wie eine Laienschauspielertruppe agiert, leider auch.
Ich meine hierbei nicht das Sondergesetz zur Rasur der Hypo-Gläubiger. Sondern eine Thematik, die in Sonntagsreden beschworen, von unseren Entscheidungsverantwortlichen aber sträflich vernachlässigt bzw. konterkariert wird – die Eigenkapitalstärkung der österreichischen Innovations-KMU. Was wird da nicht über Aktionen, Missionen, Millionen usw. geschwaffelt. Und was passiert tatsächlich?
Die EU startete 2009, nach Jahren der Vorbereitung, JEREMIE (Joint European Resources for Micro to medium Enterprises).
Mit diesem Programm (in kürzest möglicher Zusammenfassung) finanziert die EU 75% der Mittel für Risikokapitalfonds (VC), die restlichen 25% kommen aus privaten Quellen (bekanntlich kommen normalerweise 100% aus privaten Quellen). Ziel ist die Eigenkapitalfinanzierung von Start Ups und innovativen KMU. Alle Mitgliedsstaaten der EU waren teilnahmeberechtigt. Ein tolles, ein extrem fokussiertes Produkt, gerade für ein Land wie Österreich, wo Eigenkapital für o.a. Firmen fast unmöglich aufzutreiben ist, und wo Banken schon gar nicht in diese „investieren“, sprich Kredite gewähren.
Ende 2010 waren schon € 8.400 Millionen, also € 8,4 Milliarden auf die Länder verteilt. Belgien hatte sich € 379 Mio. geholt, Schweden € 70 Mio., also vergleichbare Länder. Österreich: € 4 Millionen, also ein Witz. Und warum?
Weil sich in Wahrheit hierzulande keiner der Entscheidungsträger bemüht hat, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um die JEREMIE Mittel auch für private Investoren interessant zu machen. Dr. Sollgruber aus dem Büro Hahn erklärte dazu bei einer Studienreise der Jungen Industrie 2009 nach Brüssel, dass „Österreich eine Teilnahme daran bisher als nicht erforderlich erachtet hat“ (sic!).
Hat sich seither etwas geändert?
In Ungarn gibt es mittlerweile ca. 20 Jeremiefonds. In Österreich? Ich kenne keinen. Traurig. Warum wohl so viele Menschen meinen, dass Österreich den Anschluss verliert? Eine Kombination aus Indolenz, Präpotenz und Ignoranz der politischen Eliten, genauso wie vor 100 Jahren.
Mehr dazu finden Sie auch in einem Beitrag im Börse-Express von Christine Petzwinkler